Little Dog Lost

Millionen von Amerikanern und Kanadiern, die noch nie einen Corgi gesehen hatten, bekamen zum ersten Mal einen zu sehen, als Walt Disneys 60 Minuten langer TV-Film Little Dog Lost im Januar 1963 gezeigt wurde.

Der Star des Films war ein Pembroke Corgi, Am. & Can. Ch. Bundocks Rover Run Concerto. Sie hatte nicht nur eine Rolle im Film, sondern auch einen nicht unbedeutenden Einfluss auf die abenteuerliche Story.

Als der Regisseur des Films, Walter B. Perkins, zum ersten Mal mit mir in Verbindung trat, hatte er für die Rolle von "Candy" noch eine lange Reihe verschiedener Rassen im Kopf. Das Drehbuch verlangte nach einem unbestimmbaren und bemitleidenswerten Mischling.


Ch. Bundocks Rover Run Concerto

Obwohl der Corgi ganz und gar nicht dieser Beschreibung entsprach, begann Mr Perkins sich für die Rasse zu interessieren. Wir schickten eine Kopie des Welsh Corgi League Films (Corgwn Sir Benfro) an das Walt Disney Studio, damit die Produzenten Corgis in Aktion sehen konnte.

Damit war der Entscheid gefällt. Der Corgi erhielt die Hauptrolle und ich wurde als Trainer und technischer Berater engagiert. Inspiriert durch den League Film wurden im Drehbuch einige Hüteszenen eingeflochten.

Zuerst wurde alles möglich versucht, um Concerto in den ursprünglich verlangten zerzausten und verlorenen Hund zu verwandeln. Aber es nützte alles nichts, der Corgi und seine Persönlichkeit traten immer wieder hervor. Schliesslich gab der Produktionsleiter auf: "Man kann aus einem Corgi einfach keinen schmutzigen, Mitleid erregenden Hund machen!" und so wurde aus "Candy" ein reinrassiger Corgi.

Als die Dreharbeiten fortschritten, veränderte sich die Persönlichkeit von Candy und der Verlauf der Story immer mehr, bis man den Film eher mit "Little Corgi Lost" betiteln konnte.

Der Held "Candy" kommt während eines gewaltigen Sturms von seiner Familie weg und wächst als halbwilder Hund am Rande der Zivilisation auf, wobei er in verschiedene Abenteuer verwickelt wird. Er wird von einem Rudel aggressiver Farmhunde verfolgt, treibt Schafe herum, trifft auf einen streitlustigen Gockel und flüchtet verzweifelt durch eine verkehrsreiche Stadt. Und immer wird er vom Bedürfnis des Corgis getrieben, mit und für Menschen zu leben und zu arbeiten. Schliesslich findet er ein Zuhause bei einem einsamen und verständnisvollen Farmer und erweist sich als tüchtiger Viehhund. (Gemäss Drehbuch war Candy ein Rüde, aber die Rolle wurde von einer Hündin gespielt).

Während die offizielle Ehre an Concerto geht, wurde sie tatkräftig von zwei Doppelgängerinnen unterstützt, ihrer Mutter Am. & Can. Ch. Bundocks Mellow de Rover Run und ihrer Wurfschwester Bundocks Sonata de Rover Run.


Ch. Bundocks Mellow de Rover Run

Zuhause ist Mellow eine richtige Glucke, die die anderen Corgis in Schach hält. Auf dem Set war sie genau so. Sie fand schnell heraus, dass die Filmkamera die Autorität war, um die sich alles drehte. Wenn immer möglich sass sie unter der Kamera zwischen dem dreibeinigen Stativ.

Als wir zum ersten Mal den "Galgen" (ein Mechanismus, der Kamera und Fotografen in die Höhe heben kann) gebrauchten, erschrak der Kameramann nicht schlecht, als er ein Bein des Stativs justieren wollte und in etwas Pelziges griff. Mellow sass neben ihm. In ihrer selbsternannten Rolle als Regieassistentin kümmerte es sie wenig, dass sie sich auf dem Boden aufhalten sollte, um gefilmt zu werden.

Weil die Corgis verschiedene Titel und Auszeichnungen hatten und ab und zu einen Tag frei nahmen, um an einer Ausstellung teilzunehmen, war ein Teil des Filmstabs der Auffassung, dass sie verwöhnte Schosshunde waren. Aber die Fähigkeit der Corgis, schwierige, anstrengende und zum Teil gefährliche Szenen immer und immer wieder durchzuspielen, verschaffte ihnen aufrichtigen Respekt. Und zwischen den Szenen machten sie sich nützlich, indem sie die Hühner für die nächste Aufnahme zusammen trieben oder am Ende des Tags die Kühe heim brachten.

An einem Nachmittag entdeckte der Kameramann, dass er ein wichtiges Teil seines Belichtungsmessers verloren hatte. Er hatte es Stunden zuvor irgendwo auf einem weitläufigen Weideland verloren. Die Scheibe war nur leicht grösser und nur halb so dick wie eine Schilling-Münze. Obwohl der Kameramann seine Zweifel hegte, liess ich Concerto an seiner Hand schnuppern und gab ihr das Such-Kommando. Nach ungefähr 15 Minuten kam Concerto zurück und legte die Scheibe in die Hand des verblüfften Kameramanns!

Für die Rolle als Baby-Candy brauchten wir einen Welpen mit Concertos Farben und Abzeichen. Wir hatten Glück und fanden eine perfekte Kopie bei Marjorie Butcher und sie gab ihm den Namen Cote de Neige Candy Bar. Er machte die Reise von New York nach Kalifornien im Alter von nur 6 Wochen. Bei seiner Ankunft sprang er aus der Transportbox als wenn eine rund 5'000 km lange Flugreise die natürlichste Sache für einen winzigen Welpen wäre.

Candy Bar spielte seine Rolle wie ein alter Hase. Im Alter von 12 Wochen beherrschte er: Apportieren, Geruchserkennung, Abruf, Platz unter Abruf und Voraussenden als Teil seiner Rolle.

Alle Corgis begannen, ihr Leben als Schauspieler zu geniessen, und begrüssten jede neue Herausforderung mit Begeisterung. Wir arbeiteten grösstenteils auf natürlichen Schauplätzen und zwischen den Aufnahmen konnten die Corgis ein riesiges, hügeliges Terrain erforschen.

Obwohl die Arbeit oft aufreibend und hart war, unter dem gleissenden Licht der Lampen oder draussen bei glühender Hitze, war das leise Surren der Kamera wie Musik in den empfindlichen Ohren der Corgis.

Wenn der Regisseur rief: "Achtung!" zitterten die Corgis vor lauter Spannung und wenn sie den Ruf "Aufnahme!" hörten, mussten diejenigen, die nicht gefilmt werden sollten, zurück gehalten werden, um nicht loszurennen und die betreffende Szene selbst zu spielen.

Weil die Hunde so gern arbeiteten, war eine der schwierigsten Aufgaben, einen Corgi dazu zu bringen, erbärmlich und traurig dreinzuschauen. Ich fand eine Methode, wie ich einen passend unglücklichen Ausdruck hervorbringen konnte, indem ich Concerto ein rohes Hühnchenherz ins Maul gab mit dem Kommando, es zu halten. Es war so klein, dass niemand es sehen konnte und "Candys" Ekel erzeugte einen echten Ausdruck. Sie hielt das Herz im Maul, bis sie "Schnitt" hörte, worauf sie es angewidert ausspuckte.

Einmal hörte der Kameramann nicht sofort mit Filmen auf. Als wir uns später das Resultat anschauten, kam das "Geheimnis" an den Tag. Ein Mitarbeiter des Filmteams sagte überrascht: Ich habe schon den Ausdruck "das Herz im Hals" gehört …. aber ….!

Obwohl die Dreharbeiten 14 lange, frustrierende Monate dauerten, war es für mich ein Liebesdienst, zeichnete der Film doch ein äusserst einfühlsames und ehrliches Portrait des Corgis.

Die Viehszenen wurden gegen Ende der Dreharbeiten aufgenommen und es blieb mir nicht mehr viel Zeit, meine Stadthunde an diese seltsamen Kreaturen zu gewöhnen. Nach Tagen qualvoller Frustration, war es eine unglaubliche Freude zu sehen, wie der Trieb erwachte, und zu beobachten, wie das kleine rot-weisse Fellbündel die Herde im Galopp zum Stall trieb.

Als die skeptischen Viehfarmer am Ende mit aufrichtiger Überraschung einräumten: "Donnerwetter, dieser kleine Kerl ist tatsächlich ein Viehhund", war meine Freude komplett.

Douglas Bundock
Welsh Corgi League Handbook 1963

Übersetzung: ANo
April 2009

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Dieser Film wurde auch von europäischen TV-Sendern gezeigt, aber leider ist er in Europa weder auf Video noch auf DVD erhältlich. Bei www.amazon.com findet man die DVD im amerikanischen NTSC-Format.

16.04.2010