Das Ursprungsland der Corgis ist bekanntlich Grossbritannien und 1925
wurden sie vom Kennel Club als eine Rasse - Welsh Corgi - anerkannt. Es
darf angenommen werden, dass die Mehrheit der heutigen Corgis von nur
ganz wenigen Hunden abstammt. In ihrem Buch "The Welsh Corgi" (1947)
schreibt Thelma Gray, dass, soweit eruiert werden konnte, alle Pembroke
Corgis auf lediglich 3 verschiedene Rüden und 6 verschiedene
Hündinnen zurück gehen.
Einer dieser Rüden, Bob, war der Stammvater einer einflussreichen
Linie, darunter Ch. Crymmych President, geb. 13.08.1929, ein sehr
erfolgreicher Zuchtrüde, der mit Felcourt Flame den berühmten
Ch. Rozavel Red Dragon zeugte. Red Dragon war noch erfolgreicher als
sein Vater und wurde so fleissig als Deckrüde eingesetzt, dass man
- wenn man weit genug zurück geht - im Stammbaum seines Pembroke
Corgis mit grosser Wahrscheinlichkeit auf den Namen Rozavel Red Dragon
stossen wird.
Ch. Rozavel Red Dragon
Red Dragon wurde am 15.08.1932 geboren. Im Alter von 6 Wochen kaufte
Thelma Gray ihn von seinem Züchter G. Jones. Sie wollte ihn als
Rozavel Buster Brown eintragen lassen, aber die anfänglich
bräunliche Farbe des kleinen Welpen verwandelte sich in ein so
ungewöhnlich leuchtend tiefes Rot, dass er den offiziellen Namen
Rozavel Red Dragon erhielt - eine gute Wahl, ziert ein roter Drache
doch das walisische Wappen.
Er hatte eine kometenhafte
Austellungskarriere und war auch ein äusserst erfolgreicher
Deckrüde, indem er nicht nur sein Äusseres sondern auch seine
Intelligenz vererbte. Unter seinen Nachkommen sind 11 englische
Champions und ungefähr gleich viele im Ausland, sowie mehrere
Obedience Champions. Im Ausstellungsring zeigte er sich immer von
seiner besten Seite, war aber auch ein ausgezeichneter Arbeitshund, der
schon als Welpe ein kiloschweres Apportierholz im Gallop apportierte.
Bei seinen Freunden und zahllosen Bewunderern war er als "Buster"
bekannt. Alle liebten ihn auf Grund seiner Persönlichkeit und
aussergewöhnlichen Intelligenz und Schönheit. Er wählte
seine Freunde sehr sorgfältig aus und obwohl er sie immer wie ein
kleiner Gentleman behandelte, hatte man das Gefühl, dass einem
eine grosse Ehre zuteil wurde, wenn er eine Begrüssung zur
Kenntnis nahm. Er war reserviert, jedoch ohne jegliche Scheu, und
widmete seine ganze Zuneigung und Treue seiner Besitzerin Thelma Gray
und seinen geliebten "Pflegeeltern", Mr und Mrs Sonley, bei denen er
lebte. Er war ihr Eins und Alles, ihr ganzer Stolz und begleitete sie
überall hin. So z.B. auch ins lokale Kino, wo er ein bekannter
Kunde war, der den Film aufmerksam verfolgte und ein besonderes
Interesse für Szenen mit Kämpfen oder Tieren bekundete. Es
machte ihm auch Spass, auf dem Rücksitz von Mr Sonleys Motorrad
durch die Gegend zu reisen. Bei seiner Rückkehr von den
Ausstellungen hielt Mrs Sonley jeweils sein Lieblingsessen, Spaghetti
mit Tomatensauce und Käse, für ihn bereit und wenn er bei
kaltem Wetter auf Ausstellungen ging, zog sie ihm einen handgestrickten
smaragdgrüne Pullover über, der wunderbar zu seiner roten
Farbe passte.
Buster war nie krank oder unaufgelegt, immer und überall dabei,
ob im Ausstellungsring oder ausserhalb. Er war eine grosse
Persönlichkeit mit einer unglaublichen Ringpräsenz, eine
dynamische kleine Gestalt, in leuchtendem Rot und Weiss, die man
unmöglich übersehen konnte.
Thelma Gray erhielt viele verlockende Angebote aus aller Welt, aber
Dragon stand nicht zum Verkauf. Der Entscheid, ihn um jeden Preis in
England zu behalten, war weise, denn wer weiss, was aus der Rasse ohne
ihn geworden wäre.
Kurz vor seinem 15. Geburtstag war er immer noch in sehr guter Form,
sah nur halb so alt aus und hatte nichts von seiner Energie und
Ausstrahlung eingebüsst. Er starb im Januar 1950 im hohen Alter
von 17 Jahren und 5 Monaten.
Der Rozavel Red Dragon Erinnerungspokal,
geht jeweils an den BOB auf der jährlichen League Show
In einem Nachruf im Welsh Corgi League Handbook 1950 verrät
Barbara Douglas-Redding ein bisher gehütetes Geheimnis:
"Ich denke, dass ich mich zu Busters ältesten Freunden
zählen darf, habe ich ihn doch ganz von Anfang an gekannt. Damals
im Jahr 1934, noch bevor er Champion wurde, gab es einen Vorfall, der
bei einem weniger glücklichen Ausgang bedeutet hätte, dass es
nie einen Ch. Rozavel Red Dragon gegeben und die Geschichte des
Pembroke Corgis einen ganz anderen Verlauf genommen hätte. Es
hätte zweifellos auch bedeutet, dass ich heimlich aus England
hätte fliehen und in einem fremden Land um Asyl ansuchen
müssen.
Aus irgend einem Grund, an den ich mich heute nicht mehr erinnere, war
Thelma Gray verhindert, mit "Buster" zur Abergavenny CAC-Schau zu
fahren, und als ihre persönliche Freundin, die zudem Buster gut
kannte, wurde mir die grosse Verantwortung übergeben, ihn zusammen
mit meiner eigenen Ch. Wolfox Garbo auf diese Ausstellung zu bringen.
Ich befand mich damals auf der Isle of Wight und wir verabredeten,
dass Buster zu mir kommen sollte. Die Kiste mit Buster traf auch
pünktlich auf der Ryde Esplanade Station ein, wo ich auf ihn
wartete. Ich sprach zu ihm und liess ihn durch die Stäbe an meinen
Fingern riechen, damit er wissen sollte, dass ich jemand war, den er
kannte. Vorsichtig öffnete ich alsdann die Tür der Kiste, um
ihn am Halsband zu fassen, als er sich plötzlich mit erstaunlicher
Wucht gegen die Türe warf und wie ein geölter Blitz durch
meine Hände und Beine schlüpfte und auf den Bahnsteig
stürmte, der ihm äusserst bedrohlich vorkam. In panischer
Angst und taub für meine verzweifelten Rufe, rannte er auf die
Strasse, wo ich ihn schliesslich aus den Augen verlor.
Ich brauche wohl nicht zu beschreiben, wie mir zumute war. Was nur
sollte ich nun machen, sofort Thelma anrufen? "Nein, nein, noch nicht,
sei kein Dummkopf" funkte mir mein Verstand.
Die Polizei, gedruckte Laufzettel und ein Inserat in der lokalen
Zeitung waren schnell organisiert. Ich wusste, es würde nichts
nützen, den Ausreisser als Corgi zu beschreiben, denn zu jener
Zeit war die Rasse in England noch nicht allgemein bekannt. Ich bin
immer noch im Besitz eines dieser Laufzettel: "Vermisst, Montag 3.
Sept. um 15 Uhr in der Nähe von Esplanade, Ryde, kleiner
rot-brauner Hund mit fuchsartigem Kopf, schwanzlos, lautet auf den
Namen Buster. Finderlohn bei Übergabe an die Ryde Polizeistation."
Ryde war ungefähr 6 km von meinem Haus entfernt, aber
glücklicherweise war das Benzin noch nicht rationiert, und ich
fuhr wie wild kreuz und quer durch die Umgebung von Ryde. Als es dunkel
wurde, musste ich aufgeben. Am nächsten Tag folgte ich einem
Hinweis der Polizei und suchte im Hügelland hinter Ryde. Ich
dachte bereits, dass alles wieder vergeblich war, als ich am Rand der
Stadt flüchtig die kleine Gestalt erblickte, die ich während
den letzten 24 Stunden gesucht hatte. Dort befindet sich ein kleiner
öffentlicher Park, durch den ein Fussweg führt, mit
Sitzbänken auf der einen Seite. Mein kleiner offener Sportwagen
war schmal genug, dass er auf dem Fussweg durchkam, sehr zum
Ärgernis der aufgeschreckten Besucher, die auf den Bänken
sassen. Aber ich wusste, dass ich keine Zeit verlieren durfte und auch
eventuelle Probleme mit der Gemeinde in Kauf nehmen musste, falls man
mich anzeigte.
Ich sprang aus dem Auto und mit einem Hechtsprung gelang es mir,
Buster unter einem der Bänke einzufangen. Er schaute mich an mit
einem "oh, du bist es" und "hast du mich gesucht" Ausdruck und wirkte
völlig unbeeindruckt von seinem Abenteuer. Und ich? Ich war
überglücklich und enorm erleichtert, als ich mit Buster nach
Hause fuhr.
Am Abend des folgenden Tages machten wir uns auf den Weg nach
Abergavenny. Eine mühsame und anstrengende Reise, zuerst mit dem
Schiff, dann mehrmaliges Umsteigen und dazwischen lange Pausen auf
harten Bänken in Warteräumen der Bahnstationen. Es war eine
lange Nacht, aber beide Hunde führten sich exemplarisch auf.
Schliesslich kehrte Buster wohlbehalten zu seiner nichts ahnenden
Besitzerin zurück und als der gute Kumpel, der er immer war,
versprach er, niemandem ein Wort über unser Abenteur zu verraten
und auch ich habe bis heute mein Wort gehalten.