Trauer und Freude
Eine Adventsgeschichte von Kristina Lundgren

Während rund anderthalb Jahren waren wir ohne Hund. Die Trauer nach dem Tod unseres ersten Corgis war gross und ich wollte dieses Leid nicht noch einmal durchmachen. Aber der, meistens unterdrückte, Wunsch nach einem Hund war immer noch da.

Bald ist wieder Adventszeit und ich schlage meinem Mann den Kauf neuer Winterstiefel vor. Zu teuer findet er. Das Telefon klingelt - ein sechsjähriger Corgi braucht ein neues Zuhause. Mein Mann hört gar nicht mehr richtig hin, sondern stürmt aus dem Haus und kauft - vier neue Winterreifen! Wir müssen nämlich eine längere Reise unternehmen, um eine uns unbekannte Cardigan-Dame zu holen. Sie muss wegen schwerer Allergie eines Babys einen neuen Platz finden. Das Einzige, was wir über die Hündin wissen, ist, dass sie übergewichtig und sehr lieb und gutmütig ist.

Bow

Es ist nicht leicht, eine unbekannte Familie zu besuchen, die sich gegen ihren Willen von einem geliebten Tier trennen muss. Die eigene Freude und Neugier wechselt mit innerer Unruhe. Wie wird die Begegnung verlaufen und wie dramatisch wird die Übergabe sein? Wie wird Bea reagieren, wenn sie ihre grosse Familie verlassen muss? Diese besteht aus Mann und Frau, drei reizenden kleinen Kindern und einer aussergewöhnlich schönen Katze. Es war der Tag vor dem 1. Advent und wir hatten beschlossen, die Familie am Abend vorerst nur kurz zu begrüssen. Wir verliessen ein matschiges und feuchtes Halland und landen im verschneiten Sundsvall. Als wir uns dem Haus nähern, sehen wir ein pummeliges Tier, das sich in einer Riesenschneewehe tummelt. Das ist sie! Aber, oh Schreck, wie dick sie ist!! denke ich. Was wenn ich sie nicht lieb haben kann? Meine Kehle schnürt sich zu und ich möchte am liebsten umkehren und wieder nach Hause fahren. Will nicht die Frau treffen, der es, wie ich weiss, am schwersten fällt, sich von Bea zu trennen.

Es ist uns etwas peinlich und die Stimmung im Haus ist gedrückt. Mein Mann Rolf setzt sich auf eine Bank in der Küche und Bea nimmt sofort Platz zu (oder vielleicht sogar auf) seinen Füssen. Ich traue nicht, etwas zu sagen, denn ich fühle, dass alle in Tränen ausbrechen werden. Wir beschliessen, am Sonntagvormittag wieder zu kommen und Bea zu holen. An diesem Abend sind wir ungewöhnlich schweigsam und versuchen, in den prima Hotelbetten etwas zu schlafen.

candle

Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Kaffee wird serviert und die erste Adventskerze brennt. Das Gespräch beschränkt sich auf das Notwendigste. Dann bringen wir Beas Sachen zum Auto und ich lasse die junge Frau einen Moment allein mit Bea, die sich bereits in ihrem Korb im Auto zurecht gelegt hat. Was sich in diesem Augenblick des Abschieds zwischen den Beiden abspielt, will ich lieber nicht wissen. Eine kurze Umarmung und wir fahren los. Noch am gleichen Tag muss sich die Familie auch von der Katze trennen.

Nach einigen Kilometern halten wir an. Wir wollen mit Bea ein paar Minuten in den verschneiten Wald gehen und unsere Gemüter beruhigen. Ich bin aufgewühlt von gemischten Gefühlen. Bea ist so viel dicker als unser vorheriger Corgi und das macht mir etwas zu schaffen. Aber kaum ist sie draussen im Schnee, tollt sie herum. Schnee und Wald sind ihr natürliches Element - nun wird sie an die Küste im Süden des Landes gebracht, wo es im Winter feucht und matschig ist.

Die Heimreise hat begonnen. Bea ist aufmerksam und munter und geniesst die Autofahrt. Bereits nach ein paar Minuten klettert sie nach vorn, zwängt sich zwischen unsere Sitze und legt sich quer über meine Knie, wo sie während den restlichen 850 km liegen bleibt. Ich kapituliere. Ihr schwerer, warmer Körper und die zutrauliche Art, wie sich mich akzeptiert, vertreiben meine Zweifel und machen einer grossen Freude Platz. Als sie nach der langen Reise in ihrem neuen Heim ankommt, beginnt sie zu spielen.

flower

Sechs unvergessliche Jahre konnten wir mit ihr verbringen. Nun ist Bea tot und ruht unter einem hübschen kleinen Apfelbaum in unserem Garten. Bea war ein wunderbarer Hund und sie hinterlässt eine grosse Leere.

Aus Welsh Corgi Prat 3/2003
Übersetzung aus dem Schwedischen: ANo

29.11.2010