Rugby, Riley und Zoey beim
Photoshooting
Es ist nicht einfach, wenn man einen Freund hat, der
zufälligerweise ein professioneller Fotograf ist, und man
die Qual der Wahl hat, die besten 300 oder so Fotos seiner Hunde
auszusuchen, um ganze Scrapbücher damit zu füllen. Es
ist anstrengend, einen persönlichen Fotografen zu haben, der
mich auf Ausstellungen und zu Prüfungen begleitet und jedes
Wochenende Hunderte von Fotos von mir und meinen Hunden schiesst,
und es ist wirklich hart, wenn du so viele digitale Bilder von
deinen Hunden hast, dass du einen grösseren, besseren und
schnelleren Computer anschaffen musst, um sie alle speichern zu
können.
Ihr könnt euch also mein Dilemma vorstellen, als Ori eines
Abends anrief und fragte, ob er vorbei kommen könne, um sich
im Fotografieren professioneller Hundeportraits zu üben.
Ich musste mir das Angebot ungefähr eine halbe Millisekunde
überlegen, bevor ich antwortete. "Nun, Ori, wenn es dir
wirklich am Herzen liegt, Fotos meiner Hunde zu machen, dann
kannst du kommen. Ich möchte dich schliesslich nicht
enttäuschen".
Innert kürzester Zeit nach seiner Ankunft hatte Ori unser
Wohnzimmer in ein professionelles Fotostudio verwandelt. Ich
beschloss, jeden Hund auf einen antiken Sessel zu setzen, damit
Ori individuelle Fotos von ihnen machen konnte.
Zoey
Zoey machte das grossartig, sie legte den Kopf schief und schlug
jedes Mal ihre blauen Augen auf, wenn ich die Worte "Keks",
"Kätzchen" und "Schleckies" äusserte. Wenn Zoey eine
junge Frau wäre, wäre sie bestimmt ein Model, denn sie
lernte in kürzester Zeit, mit der Kamera zu flirten.
Riley war als Nächster dran, aber er war grundsätzlich
nicht so begeistert von diesem Photoshooting wie Zoey. Er
schmollte und sah überhaupt ziemlich pathetisch aus.
Schliesslich fragte Ori, ob ich Riley nicht mit irgend etwas
aufmuntern könnte. Ich wusste, dass es eine todsichere
Methode gab, sein Interesse zu wecken, nur behagte mir der
Gedanke, was es dazu brauchte, nicht besonders. Wenn ich aber
Aufnahmen von Riley haben wollte, worauf er nur einigermassen
zufrieden dreinschaut, dann musste ich ihm seine"grossen Ball"
bringen.
Riley
Der "grosse Ball" ist Rileys allerliebstes Spielzeug, sein
kostbarster Schatz. Ich war alles andere als begeistert, dass
dieses am ärgsten zerknutschte, zerschlissene und mit
Speichel versabberte Spielzeug meiner Hunde auf der Foto
erscheinen sollte. Sein violet und graues Farbmuster stand auch
in einem gewissen Gegensatz zum professionellen Gesamteindruck,
den wir erzeugen wollten. Nichsdestoweniger gab ich nach und so
ist der "grosse Ball" für immer auf 50 oder mehr Fotos
verewigt.
Rugby
Rugby war aus gutem Grund als Letzter an der Reihe. Ich musste
ihm genügend Zeit geben, die Riesendosis Prozac zu
absorbieren, bevor ich ihn auf den Sessel hob. Das
Beruhigungsmittel wirkte lange genug, um ihn durch sein
individuelles Fotoshooting zu bringen, aber ich musste
natürlich mein Glück überstrapazieren und Ori
fragen, ob er eventuell noch ein paar Aufnahmen von mir mit allen
drei Hunden machen könnte.
Nun fing der Spass erst richtig an.
Vier Erwachsene brauchten rund 10 Minuten, um drei Hunde
einzufangen und danach möglichst nahe bei einander zu
positionieren. Mindestens weitere 10 Minuten vergingen damit, sie
dekorativ um den Sessel zu scharen, auf dem ich Platz nehmen
sollte.
Als ich mich endlich setzte, umgeben von meinem teuren Trio, war
es der Anfang vom Ende. Genau in dem Augenblick, wo jeder an
seinem Platz war, erdreistete sich Rugby, einen Blick auf Rileys
grossen Ball zu werfen. Rileys Reaktion liess nicht lange auf
sich warten, eine solche Frechheit musste Rugby büssen.
Im Wohnzimmer brach die Hölle los, das totale Chaos:
Menschen versuchten, Hunde zu packen, Hunde packten Hunde, und
der Fotograf packte seine kostbare Fotoausrüstung. Die
Unterbrechung war so gross, dass Ruhe nie wieder richtig
einkehren wollte.
Gruppenbild
Nach ungefähr zwei Stunden und 2 Gigabyte Bilder, zeigt die
einzige Foto, wo alle 4 Mitglieder der Gunter Familie (1 Mensch
und 3 Hunde) abgebildet sind, Rugby niesend auf dem Rücken
liegend, Zoey mit dem Rücken zur Kamera, mich nach vorne
gebeugt, um Rugby auf die Beine zu stellen, und Riley, der vom
Benehmen der anderen so angewidert ist, dass er die Augen nach
oben dreht …
Kristine A. Gunter, Portland, Oregon
Short Stories About Short Dogs.
Übersetzung ANo
19.09.2010
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