Wie Poppy zu mir kam

Es war in einer Nacht Anfang August 2017, als ich wieder einmal partout nicht schlafen konnte. Ich hatte erst wenige Wochen zuvor meinen innig geliebten Mann verloren, dem nur wenige Tage später unser liebenswerter Pembroke Bommel gefolgt war. Ausserdem war nur ein Jahr zuvor unsere kleine Pem-Lady Rieke gestorben und wiederum nur wenige Jahre zuvor hatten wir unser Bärchen, einen Cardigan Corgi im Alter von nur sieben Jahren wegen AIHA verloren. Da sind schlaflose Nächte wohl kein Wunder.


Bommel, Bärchen und Rieke - in glücklicheren Tagen

Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte ich dieses elendige "Linke Seite - Rücken - rechte Seite - Schlaf, warum willst du nicht kommen?" -Ding satt und stand wieder auf. Es war inzwischen weit nach Mitternacht, und so setzte ich mich noch einmal an den PC mit dem Wunsch, mich einfach etwas abzulenken und auf andere Gedanken zu kommen. Ich schaute so hier und da nach Neuigkeiten und surfte schliesslich über die Linkliste meiner Lieblingsseite durch Deutschlands Corgi-Landschaft.

Ich hatte zwar von meiner lieben Freundin Anita eine Art Freifahrtschein ins neue Corgi-Glück geschenkt bekommen ("Einen Welpen schenk ich dir sehr gern, nur aussuchen musst du ihn selbst!"), aber in dieser schlimmen Nacht dachte ich nicht an irgendwelche schicksalsschweren Entscheidungen und wollte eigentlich wirklich nur ein bissel "Puppy-Watching" machen. Ob Cardigan oder Pembroke war mir völlig egal, ich zappte durch die Corgi-Seiten wie andere Leute durch's Fernsehprogramm, auf der Suche nach schönen Bildern, die mein Gemüt besänftigen sollten - und das auch prompt taten.


Poppy mit 4 Wochen

In dieser besagten Nacht waren in Deutschland allerdings nur sehr vereinzelt Welpenbilder zu finden, einfach weil es nur wenige aktuelle Würfe gab, also erweiterte ich meinen Rundflug hemmungslos auf ganz Europa, erfreute mich an schönen Videos ("Topi, the Corgi" ist einer meiner Favoriten!) um irgendwann per Zufall in Grossbritannien zu landen, nur virtuell natürlich. Hätte ich die Absicht gehabt, in dieser Nacht wirklich einen Welpen auszusuchen, hätte ich nie und nimmer so weit weg gesucht, aber so kam mir die allgemeine Globalisierung gerade recht. Welsh Corgi Cardigan Association ... hmmm, red girl, long haired, still available - Kleines rotes Fluffie-Mädchen, noch zu haben. Noch zu haben, soso... gute Abstammung ... wo ist denn gleich dieser Link - ach, da ist er ja.


Klick auf den Link und klick auf das dazugehörige Video - und das war's. Tschüss Vernunft, Hirn verabschiedete sich in Nimmerland und ich schaute und schaute und schaute. Geschlagene 28-mal das gleiche Video.


Ein zuckersüsses, sehr ernsthaftes, vier Wochen altes Cardi-Mädchen stapfte über einen Tisch und kam der Kante etwas nahe, bis eine helfende Hand sie wieder auf Kurs brachte. Müder wurde ich davon nicht!! Und nein, sie purzelte auch beim 28. Anschauen nicht herunter.

Das kann doch nicht wahr sein, dachte ich, dieses kleine Dingerl ist dir jetzt direkt ins Herz gehüpft! Verdammt!! Und nun? Was mach ich denn jetzt bloss? Oh, Grosser Corgwyn, was hast du dir dabei nur gedacht, mich ausgerechnet bis nach England zu entführen?!? Das Engelchen in mir, was es ja eh nicht leicht hat, säuselte: "Grossbritannien! Jottwehdeh!!* Wie willst du sie nach Berlin holen?! Mindestens einer von euch beiden wird ein FLUGZEUG nehmen müssen!! Und das Teufelchen: "Das kann kein Zufall sein, das ist wie MAGIE!" Mein Teufelchen und ich haben eindeutig zu viele schnulzige Filme gesehen.


Ich schaffte es immerhin, in dieser Nacht NICHTS weiter zu tun. Nicht mal eine klitzekleine, brandeilige Sofortbestellung mit 24-Stunden Lieferservice ins Vereinigte Königreich abzusenden. Ich glaube mich auch zu erinnern, am nächsten Morgen sogar bis knapp vor dem Frühstück gewartet zu haben, bevor ich Brandmails an meine Freunde in Umlauf brachte und arglose Corgi-Leute aus dem Tiefschlaf geklingelt habe.

Ich kannte mal eine, die hatte vor langer Zeit auf ihrer Homepage ein tolles Rasseportrait, da war unter anderem zu lesen: Informiere dich vorher ganz genau! Sieh dir die Ahnentafel genau an! Nimm dir Zeit, den Züchter kennen zu lernen und gib dem Züchter Gelegenheit, dich kennen zu lernen, usw. usf. - Ha!
Ja, genau, ich war's selbst! Ich weiss auch noch genau, warum ich das mal geschrieben hatte, aber es änderte nix an der Tatsache, dass mir meine eigenen klugen Ratschläge plötzlich so was von schnurz-piep-egal waren - *auweia*.


Jedenfalls, wie schön ist es doch, in die grosse, liebevolle Freundschaft von Corgi-Nation eingebunden zu sein! Meine Freunde übernahmen das Denken und die ganze Organisation, und das war in dem Fall auch besser so! Natürlich kannte dann auch noch jeder jeden, und sei es auch um drei Ecken. Somit wurde dann doch noch alles gut, was so spontan, zufällig und etwas traurig begonnen hatte. Und es war schon sehr komisch, als ich im Nachhinein feststellte, dass Eileen, die Züchterin meines künftigen Hundekindes, längst Käuferin meiner Bücher ist!


Ich musste also nur noch wunderbare Videos und viele, viele schöne Photos gucken und an den richtigen Stellen Ahhh!! und Ohhh! und Cuuute! (=süüüsss!) rufen bzw. schreiben. Und ich musste leider warten, viel länger als gedacht, weil ein Welpe aus der EU mindestens 15 Wochen alt sein muss, bevor er einreisen darf *seufz*.


Das Leben tat sein Bestes um mich auf Trab zu halten, wobei ich auf einige dieser Ablenkungen auch dankend hätte verzichten können. Meine Freunde warteten mit mir, es muss eine harte Zeit gewesen sein! Ich durfte sogar quengeln, obwohl ich schliesslich selber schuld war, und wurde getröstet, ob der langen Wartezeit. Aber ganz ehrlich, ich glaube am Ende waren dann alle sehr froh, als es endlich soweit war und wir die Kleine auf einer Hundeschau in den Niederlanden in die Arme schliessen durften. Eileen war dort Richterin und mein kleines Welpenmädchen war unter ihrer Obhut mitgereist, meine liebe Freundin Ines machte es möglich, dass wir den beiden die zweite Hälfte des Weges entgegenreisen konnten. Die Begegnung war kurz, aber sehr, sehr herzlich und ein zuckersüsser Welpe wechselte dabei den Besitzer.

Nach zwei Pembrokes und einem Cardigan , alle drei innig geliebt und unvergessen, wird nun also eine kleine Cardigan-Hündin das Corgihouse-Leben aufmischen:

Darf ich vorstelllen:

"Kilvroch Pragma Poppy Eithne Stahl", Rufname "Poppy" - im Englischen die Mohnblume. Die kleine Maus ist nämlich vom feinsten Cardi-Rot mit einem Hauch Sable und ausserdem war eine Mohnblüte die letzte Blume, die ich meinem Mann aus unserem Garten gebracht habe.


Poppy und Annie

Genau dort hat Poppy mit ihrer Patenschwester Annie nun schon die ersten zünftigen Corgi-Balgereien ausgefochten, wurde von einer Patentante ordentlich durchgeknuddelt und hat schon mit der anderen Patentante geskypt. Denn Poppy hat wirklich und wahrhaftig ein gutes Dutzend Patentanten aus aller Welt. Wenn das kein gutes Omen ist - dann weiss ich auch nicht


Im neuen Zuhause

Nun müssen wir uns aber beeilen, und die ersten Bilder posten - Eileen und die halbe Corgi Nation warten schon:


Gute Nacht, nach einem langen Tag

Billie Stahl, Berlin

*) j.w.d. ist Berlinger Dialekt für "janz weit draussen" = "ganz weit weg"

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www.welshcorgi-news.ch
28.10.2017