Der Corgi-Katapult

Rugby und ich nahmen seit einigen Wochen am Agility-Training teil um zu lernen, wie man die verschiedenen Hindernisse korrekt nimmt, und übten uns auf kurzen Parcours.
Unser Training fand in einem Reitstall statt, was zur Folge hatte, dass ich eine beträchtliche Zeit damit verbrachte, Rugbys Nase von den im Sägemehl versteckten Leckereien fernzuhalten.

Rugby ist ein "methodischer" Agility-Hund: er ist nicht besonders schnell und nimmt sein Agility-Training ziemlich ernst. Er geht jedes Hindernis in einer wohl bedachten und konsequenten Weise an.
Besonders die Art, wie er die Wippe bewältigt, ist langsam und ruhig, vorsichtig spaziert er die Wippe rauf bis zum Punkt, an dem das Brett kippt und sich abwärts neigt, dann geht er sorgfältig runter, bis das Brett den Boden berührt. "Kein Grund zur Eile" ist Rugbys Motto.

Eines Abends ging es in unserem Kurs um die Kontaktzonengeräte (Laufsteg, Schrägwand und Wippe) und wie wichtig es ist, dass der Hund die farblich markierten Kontaktzonen am Anfang und Ende des Geräts mit mindestens einer Pfote berührt.
Wir nahmen uns viel Zeit, den Hunden beizubringen, wie der Steg richtig angegangen wird.
Mein Trainer forderte mich auf, Rugbys Tempo mit Hilfe positiver Motivation zu verbessern und so begannen wir, am Ende des Stegs einen Leckerbissen auszulegen. Für einen auf Futter fixierten Hund wie Rugby war die Aussicht auf ein Stück Käse am Ende des Hindernisses alles was es brauchte, um eine erstaunliche Steigerung des Tempos zu erzielen.
Plötzlich arbeitete ich mit einem 28 cm grossen Border Corgi!

Nach mehreren Läufen über den Steg in halsbrecherischem Tempo legten wir eine Pause ein, während unser Trainer einen kurzen Parcours aufstellte, um unsere bis anhin erlernten Fertigkeiten zu üben.
Der Übungsparcours bestand aus dem Laufsteg, ein paar einfachen Hürden und einem Tunnel. Verschiedene andere Hindernisse standen ebenfalls in der Reithalle herum, obwohl sie für unsere Lektion nicht gebraucht wurden.

Laufsteg
Laufsteg/Steg
Wippe
Wippe

Nach den ersten drei Hindernissen unseres Laufs machte ich den Anfängerfehler, meinen Hund für eine kurze Sekunde aus den Augen zu lassen.
Bevor ich realisierte, was geschah, sah ich wie Rugby mit voller Fahrt die Wippe hinaufrannte, die dem Aufstieg des Stegs ganz ähnlich sieht. Ich bin überzeugt, dass es eine physikalische Formel gibt, die mathematisch beschreiben könnte, was als Nächstes geschah, so ungefähr wie CUG(Corgi-Umlauf- Geschwindigkeit) = CAG(Corgi-Abschuss-Geschwindigkeit) x WNQ(Wippe-Neigungs-Quotient).
In Wirklichkeit verwandelte sich die Wippe augenblicklich in einen Corgi-Katapult, der meinen rund 13 kg schweren, rot-weissen Zwerg Kopf voran über eine Distanz schleuderte, die ungefähr dem zwanzigfachen seiner Körperlänge entsprach. Als er seinen Sinkflug zurück zur Erde begann, verlieh ihm seine spitze Nase die aerodynamische Fähigkeit zu einer perfekten 5 Punkte Landung (4 kurze Beine und 1 spitze Nase) direkt in einen ansehlichen Haufen Pferdeäpfel.
Nach einem kurzen Moment, während dem er sich zweifellos überlegte, wie genau und warum sich der Steg in einen Hunde-Beschleunigungsapparat verwandeln konnte, hob er seinen Kopf. Er war kaum zu erkennen: Augen, Nase und Ohren waren von stinkendem Pferdemist bedeckt.

Glücklicherweise leidet Rugby weder an fehlendem Selbstwertgefühl oder Selbstvertrauen, so dass er problemlos zur Wippe zurückkehrte und sie in seiner gewohnten Manier meisterte.
Noch heute frage ich mich, ob Rugby wohl immer noch von dem magischen Tag träumt, als er durch die Luft flog.

Aus The Corgi Chronicles, 2005
Übersetzung: ANo

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08.07.2010