Merlin, der Schlaumeier

MerlinWir bereiten uns physisch und mental auf die Begleithundeprüfung 2 vor, Merlin und ich. Dennoch sind wir noch meilenweit von Erfolgen entfernt, besonders was das Revieren betrifft. Aber Unterordnung und Führigkeit sind nahezu prüfungsreif, deshalb entschliessen wir uns, einen Mehrkampf zu absolvieren.

In den letzten Tagen vor der Prüfung üben wir nochmals fleissig - und aus Merlins Sicht bis zum Überdruss - und dann geht's eines frühen, regnerischen Sonntagmorgens ab nach Reussbühl-Littau, zwischen Bangen und Hoffen schwankend.

Nach der Anmeldung ist ein kurzes Spiel fällig. Merlin hüpft aus dem Auto, unternimmt ein paar Zickzack-Sprünge nach seinem Spielball - und hinkt urplötzlich jämmerlich auf dem linken Hinterlauf. Mir fährt der Schreck in die Knochen. Muss ausgerechnet jetzt passieren, was ich bei ihm noch nie beobachtet habe? Merlin humpelt zum Auto zurück, blickt mich vorwurfsvoll an und springt mühelos mit einem Satz auf seine Decke.

Auf dem Prüfungsgelände kaum angekommen, geht es schon los mit Unterordnung und Leinenführigkeit. Wir spurten zum Ring. Merlin, erwartungsfroh, eifrig und hinkefrei, wohlgemerkt. Und dann Anmeldung beim Richter. Gehen bei Fuss, angeleint, Richtungswechsel, Laufschritt, anhalten und dann dasselbe ohne Leine. Merlin läuft zunächst perfekt, aus der zufriedenen Miene des Richters zu schliessen. Aber dann, beim Laufschritt ereignet sich das Unerwartete: Merlin hinkt unvermittelt auf dem rechten Vorderlauf, läuft dreibeinig ein paar Schritte und lässt sich schliesslich auf die linke Seite fallen, die rechte Pfote demonstrativ emporgestreckt. Alles läuft zusammen, Richter, Prüfungsleiter, wohlmeinende Zuschauer. Die Pfote wird nach Dornen oder Fremdkörpern abgesucht, aber nichts ist zu finden. Wir helfen Merlin auf die Beine, unternehmen nochmals Gehversuche, aber er beharrt auf dreibeinigem Humpeln.

Der Richter gewährt uns die Chance zu einem zweiten Versuch nach dem letzten Kandidaten der Gruppe. Beschämt verlasse ich mit meinem dreibeinigen Untier den Platz. Wir unternehmen einen kurzen Lauf, und ich falle aus allen Wolken: Merlin, der Schlaumeier, hüpft unternehmungslustig, ohne eine Spur des Hinkens mit selbstbewusst erhobener Rute neben mir her. Du kleiner Lümmel, was soll das?

Zum zweiten Mal betreten wir schliesslich wieder den Ring: Anmeldung, Gehen an der Leine, zunächst in flüssigem Gang - und dann passiert es erneut: Merlin legt sich hin und hält mir hilfeheischend seine rechte Pfote vor die Nase... Der Richter befindet, dass wir so keine Prüfung bestehen können, empfiehlt einen Tierarztbesuch und entlässt uns mit Bedauern.

Was bleibt anderes, als die schmähliche Heimkehr? Doppelt schmählich, indem Merlin mich auf vier gesunden Pfoten zum Auto schleppt.

Der Nachmittagsspaziergang zu Hause war eitel Freude, ohne beschwerliches Humpeln!!

Cleophea Langemann-Lavater



02.06.2010