Variationen beim
Weitsprung
Von Kristine A. Gunter, USA
Rugby, mein vorlauter, frecher Cardigan Corgi, der immer das
letzte Wort hat, war das erste Mal in der Open A Klasse
(Obedience, USA) gemeldet. Rugby für die Offene Klasse zu
trainieren, bereitete keine allzu grossen Schwierigkeiten, er
meisterte die Übungen relativ leicht und schien zu
verstehen, was von ihm verlangt wurde.
Bei seiner ersten Prüfung ging es soweit ganz gut, bis
wir zum Weitsprung kamen. Als ich Rugby das Kommando "Spring"
gab, bemerkte ich einen bestimmten Ausdruck in seinen Augen,
ein Ausdruck, der normalerweise bedeutet, dass er etwas zu tun
beabsichtigt, das er nicht darf, und ich wusste, dass ich in
Schwierigkeiten war. Nach einem halbherzigen Versuch, genug
Anlauf zu mobilisieren, um seinen Zwergtorso über den ca.
40 cm langen Weitsprung zu treiben, beschloss er, seine
Persönlichkeit zu markieren und über das Hindernis zu
spazieren, anstatt darüber zu springen.
Weitsprung
Nach der Prüfung erkundigte ich mich bei verschiedenen
Hundetrainern, wie wir dieses Problem beim Weitsprung
überwinden können.
Rat 1: Stell einen Hürdensprung über den Weitsprung,
so dass Rugby versteht, dass der Weitsprung ein Hindernis ist,
worüber er springen anstatt spazieren soll.
Rugbys Antwort: Stosse die Stange mit der Brust oder
dem Kopf (je nachdem wie hoch die dumme Stange angebracht ist)
zu Boden und spaziere über den Weitsprung.
Rat 2: Stell eines der Weitsprungelemente auf die Hochkante,
so dass es nun ein 20 cm hoher Hochsprung wird. Dadurch wird
Rugby gezwungen, beim Weitsprung höher zu springen.
Rugbys Antwort: Begib dich zum Weitsprung, der aufrecht
steht. Schau deine Besitzerin an, als ob sie dumm wäre.
Stosse das Brett um, so dass es wieder seine normale Position
einnimmt, und spaziere darüber.
Rat 3: Lege ein Stück Hühnerdraht über die
Weitsprungelemente. Rugby wird nicht gerne über
Hühnerdraht spazieren.
Rugbys Antwort: Spaziere über Hühnerdraht.
Hühnerdraht hakt sich in Pfoten. Entferne Hühnerdraht
mit den Zähnen. Stelle fest, dass Hühnerdraht ein
ganz tolles Kauspielzeug ist.
Und so verschlimmerte sich mein Problem praktisch mit jedem
Rat. Genau wie ein trotziges Kleinkind begann Rugby nun
über den Weitsprung zu stapfen, anstatt etwas passiver und
weniger aggressiv darüber zu spazieren. Jetzt waren
drastische Massnahmen gefragt.
Ich erwog kurz, die Weitsprungelemente mit doppelseitigem
Klebeband zu versehen, verwarf aber die Idee, weil ich
befürchtete, dass das Gefühl von Klebeband an den
Pfoten meinem etwas masochistisch veranlagten Hund einen
gewissen Kick geben könnte. In einem lokalen Baumarkt fand
ich schliesslich, was ich als das "Würgehalsband für
den Weitsprung" bezeichnen möchte.
Ich kaufte 1,5 m eines Teppichschoners aus transparentem
Kunststoff, der auf der Rückseite mit vielen ca. 3 mm
langen, abgestumpften Noppen versehen ist. Während Rugby
damit beschäftigt war, im Garten nach
Hühnerdraht-Kauspielzeug zu suchen, legte ich heimlich den
transparenten Plastik, mit der Rückseite nach oben, auf
die Bretter. Dann rief ich ihn zu mir und bereitete ihn
für den Weitsprung vor.
Als ich ihm das Springkommando gab, näherte er sich dem
Hindernis, indem er mich mit seinem üblichen trotzigen
Ausdruck anschaute, und setzte seine Vorderpfote auf den
Weitsprung. Als die Pfote in Kontakt mit den Noppen kam, zog er
sie sofort zurück. Er starrte eindringlich auf das
Hindernis. Dann setzte er die andere Pfote auf das Brett, zog
sie aber ebenso schnell zurück und starrte wieder
verdutzt. Ein dritter Versuch scheiterte ebenfalls.
Nun brachte ich Rugby zurück zur Ausgangsposition. Ich
gab ihm erneut das Springkommando, und diesmal sprang ein
leicht angeschlagener Corgi tatsächlich über das
Hindernis.
Von diesem Tag an begleitete uns die magische Teppichunterlage
zu jedem Plauschmatch und zu jeder Trainingsstunde. Rugby
sollte einem "nackten" Weitsprung erst wieder bei unserer
zweiten Open A-Prüfung begegnen. Am Tag der Prüfung
kam in mir eine gewisse Nervosität auf, als die
gefürchtete Übung näher rückte. Ich brachte
Rugby in Position, gab ihm das Springkommando und beobachtete
stolz, wie er über das Hindernis segelte. Er machte eine
perfekte Wendung und begab sich sofort in Front-Position zu
mir. In diesem Moment, während er vor mir sass, schaute er
zur Seite zum Weitsprung. Ich stelle mir vor, seine Augen
fielen ihm beinahe aus dem Kopf, als er realisierte, dass er
überlistet worden war und dass auf diesem Weitsprung keine
Noppen waren.
Der Richter forderte mich zum "Finish" auf und ich
kommandierte "Fuss". Rugby stand auf, ging um mich herum und
steuerte zum Weitsprung, stapfte über beide Elemente,
machte eine perfekte Wendung und setzte sich in Front-Position
zu mir.
Rugby hatte wie üblich das letzte Wort.
Aus "The Corgi Chronicles" 2005
Übersetzung: Ano
Corgi News August 2007
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